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Arbeitszeiterfassung und Datenschutz

Apr. 30, 2024

Was ist zu beachten?

Die Reformierung des Arbeitszeitgesetzes wird seit geraumer Zeit diskutiert. Ein Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom März 2023 verschrieb sich unter anderem der Verpflichtung zur digitalen Zeiterfassung. Dennoch wurde dies bisher (noch) nicht umgesetzt, wodurch die bisherige Gesetzeslage gilt. Doch welche Verpflichtungen zum Thema Arbeitszeiterfassung treffen einen Arbeitgeber derzeit? Gibt es dazu datenschutzrechtliche Aspekte, die bei der Arbeitszeiterfassung zu beachten sind?
Der Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat im Mai 2019 entschieden, dass alle Arbeitgeber durch die Mitgliedstaaten der EU verpflichtet werden sollen ein verlässliches System zur Arbeitszeiterfassung einzurichten, mit dem die täglich geleistete Arbeitszeit der Beschäftigten gemessen werden kann (EuGH, Urteil. v. 14.05.2019 Az. C-55/18 [ECLI:EU:C:2019:402], CCOO gg. Deutsche Bank SAE).

Dieses Urteil musste sodann vom Bundesarbeitsgericht (BAG) im sog. Stechuhr-Urteil vom September 2022 zur Auslegung der einschlägigen deutschen Vorschrift, § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), herangezogen werden (BAG, Beschl. v. 13.09.2022 - 1 ABR 22/21). Hieraus leitete das BAG die Verpflichtung zur Zeiterfassung aus dieser bereits bestehenden Vorschrift ab. Somit folgt für alle Arbeitgeber bereits jetzt die Pflicht zur Zeiterfassung.

Im März 2023 wurde ein Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales veröffentlicht, der eine Konkretisierung des Arbeitszeitgesetzes (ArZG) beinhaltet. Insbesondere sollte die Verpflichtung zur Zeiterfassung in digitaler Form ab einer bestimmten Arbeitnehmeranzahl verpflichtend eingeführt werden. Allerdings wurde diese geplante Reform bislang noch nicht umgesetzt, sodass – Stand jetzt – die Zeiterfassung in digitaler oder analoger Form erfolgen kann.

Datenschutzrechtliche Aspekte der Arbeitszeiterfassung

Der EuGH hat bereits im Jahr 2013 festgestellt, dass aufgezeichnete Arbeitsdaten mit Angaben der Uhrzeit, wann die Arbeit aufgenommen, pausiert oder beendet wird, personenbezogene Daten sind (EuGH, Urt. v. 30.05.2013 - C 342/12 [ECLI:EU:C:2013:355]). Dies gilt so auch nach Art. 4 Nr. 1 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Jede Verarbeitung personenbezogener Daten, wie die Aufzeichnung der Arbeitszeit, bedarf einer Rechtsgrundlage. Da die Erfassung der Arbeitszeit insbesondere nach der unionskonformen Auslegung des § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG eine Pflicht für den Arbeitgeber darstellt, lässt sich dies auf Art. 6 UAbs. 1 Buchst. c) DSGVO stützen. Diese Norm erlaubt Datenverarbeitungen, wenn sie auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhen, was vorliegend der Fall ist. Somit besteht auch keine Notwendigkeit für die Einholung einer Einwilligung durch die Beschäftigten zur Erfassung der Arbeitszeit.

Für eine datenschutzkonforme Erfassung der Arbeitszeiten ergeben sich daneben insbesondere die folgenden Aspekte:
  • Auftragsverarbeitungsvertrag bei Dienstleistern: Mit Dienstleistern, die die Arbeitszeiterfassung als Service anbieten, sollte geprüft werden, ob die Voraussetzungen für den Abschluss eines Auftragsverarbeitungsvertrag vorliegen. Dies dürfte in vielen Fällen erforderlich sein.
  • Berücksichtigung im Rahmen des Verarbeitungsverzeichnis: Die Arbeitszeiterfassung stellt meist eine Verarbeitungstätigkeit dar, welche im Verarbeitungsverzeichnis berücksichtigt werden sollte, sofern dieses verpflichtend zu führen ist.
  • Restriktiver Zugang zu Beschäftigtendaten: Beschäftigtendaten, worunter auch die Arbeitszeitfassung fällt, sollten nur für einen ausgewählten und möglichst restriktiv gehaltenen Personenkreis zugänglich sein.
  • Schutzziele des Datenschutzes müssen beachtet werden: Aspekte, wie die Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität der Daten zur Arbeitszeiterfassung sollten berücksichtigt und stets gewahrt werden. Hierbei kommt eine Vielzahl von Maßnahmen in Betracht. Gerade bei Dienstleistern, die die Arbeitszeiterfassung im Rahmen einer Auftragsverarbeitung anbieten, sollten sich Verantwortliche zunächst ein Schutzkonzept vorlegen lassen.
  • Einbeziehung des Datenschutzbeauftragten: Bei Vorhaben, wie die Umsetzung der Reglungen zur Arbeitszeiterfassung, sollte der betriebliche Datenschutzbeauftragte rechtzeitig miteinbezogen werden.
  • Berücksichtigung im Löschkonzept: Auch personenbezogene Daten im Rahmen der Arbeitszeiterfassung müssen im Rahmen des Löschkonzeptes berücksichtigt werden. Der derzeitige Referentenentwurf sieht eine Aufbewahrungspflicht von mindestens zwei Jahren vor. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg empfiehlt in seinem Ratgeber Beschäftigtendatenschutz einen Aufbewahrungszeitraum von zwei bis drei Jahren.

Zusammenfassung

Infolge des BAG-Urteils besteht für jeden Arbeitgeber die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung seiner Beschäftigten, wobei leitende Angestellte hiervon ausgenommen sind. Dies kann – bis jetzt – digital oder analog erfolgen. Die Verarbeitung der Beschäftigtendaten ist nach Art. 6 UAbs. 1 Buchst. c) DSGVO rechtmäßig, sodass es keiner separaten Einwilligung der Beschäftigten bedarf. Weiterhin ist zu beachten, dass nach wie vor auch die Überstunden der Beschäftigten weiterhin aufzuzeichnen sind. Schließlich müssen im Rahmen der Arbeitszeiterfassung auch einige datenschutzrechtliche Aspekte berücksichtigt werden.

Letzte Aktualisierung: 30.04.2024 (lip)
Bildnachweise: © tongpatong - www.stock.adobe.com 

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